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Wissenschaft als Dienst am Menschen

Oder: Wie Studium (wieder) Freude macht

 

 „Der Bundesverkehrsminister freut sich und mit ihm die Autoindustrie und der ADAC: Eine kleine, aber laute Minderheit von Lungenärzten, hundert von viertausend Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, hat sich auf ihre Seite geschlagen und die wissenschaftlichen Grundlagen von lange bestehenden Grenzwerten für Stickoxide und Feinstaub infrage gestellt – nicht, weil bahnbrechende neue Ergebnisse zu den Gesundheitsgefahren von Luftschadstoffen vorliegen, sondern weil ihnen die drohenden Dieselfahrverbote nicht passen, die nach Nichteinhaltung der europäischen Standards von deutschen Richtern angeordnet wurden.“

Joachim Müller-Jung, „Internationale Forscher widersprechen deutschen Lungenärzten“, FAZ, 27.01.2019

 

„17 Nachhaltigkeitsziele der UN

Ziel 1. Armut in all ihren Formen und überall beenden; […] Ziel 3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern; Ziel 4. Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern, […] Ziel 7. Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern; […] Ziel 13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen; […] Ziel 16. Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.“


Resolution der UN-Generalversammlung „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung“ - „Sustainable Development Goals“ (SDGs), 25.09.2015

 

Wohin „gekaufte Wissenschaft“ führen kann, sehen wir in grotesker Weise: Lungenärzte, deren vornehme Aufgabe darin besteht Menschen zu heilen, werfen sich vor der Autoindustrie in den (Fein-)Staub. Hippokrates würde sich im Grabe umdrehen.

 

Nun können wir darüber streiten, ob Diesel-Fahrverbote das Non-plus-ultra sind - größere Dreckschleudern sind z.B. Kreuzfahrtschiffe oder Kohlekraftwerke. Doch klar ist: statt die schmutzigen Machenschaften von Industrie und großer Koalition zu legitimieren, sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frage nachgehen, wie z.B. die Luftqualität nachhaltig verbessert werden kann. Sie würden damit zur Realisierung des 3. und 13. Ziels der SDGs beitragen.

 

Diese wurden 2015 von der UN Generalversammlung beschlossen und bilden eine überzeugende Agenda für die nachhaltige Entwicklung der Welt. Auch die anderen Ziele fordern heraus: Wie überwinden wir Armut und Hunger? Was können wir zur Alphabetisierung aller Menschen weltweit und zur Beendigung der Kriege beitragen? Wie fördern wir Demokratie und bekämpfen jegliche Ungleichheitsideologien und rechte Kräfte? Die SDGs bilden einen sinnvollen Rahmen für jede Wissenschaft, in ihrer Spezifik (und gemeinsam mit anderen) an Lösungen für eine friedliche, soziale und demokratische Entwicklung der Gesellschaft zu arbeiten.

 

An der HAW gibt es dafür bereits viele gute Beispiele: die Erforschung erneuerbarer Energien, Salutogenese in der Gesundheitswissenschaft, Technikethik oder das Einmischen für eine humane Flüchtlingspolitik.

 

Diese Bereiche sollten nicht die Ausnahme bilden, sondern im Gegenteil sollte so Studium sein! Stattdessen schränkt die politisch gewollte Unterfinanzierung der Hochschulen verantwortliche Forschung und Lehre ein. Immer mehr Lehrende müssen Mittel von auswärts (sogenannte Drittmittel) einwerben, um ihre Projekte zu finanzieren – auch von der Rüstungsindustrie und dem Verteidigungsministerium. So wird an der HAW mittlerweile an allen (!) Fakultäten mit der Bundeswehr kooperiert.

 

Doch die Unterfinanzierung hat nicht nur Auswirkungen auf die materielle Ausstattung, sondern auch auf die Studienstruktur und -kultur. Vielerorts sollen Prüfungsrichtlinien verschärft, Restriktionen eingeführt oder Einklagende, die ihr Grundrecht auf einen Studienplatz geltend machen, als Gegner behandelt werden. Dieser Teufelskreis verroht den persönlichen Umgang, macht antriebslos und gleichgültig.

 

Das muss so nicht sein. Eine befreiende Kultur ist möglich. Gehen wir sie gemeinsam an. Zusammen können wir uns gegen die Mangelverwaltung für die Erhöhung der Ressourcen und Kapazitäten einsetzen und das Studium gestalten: gesellschaftlich verantwortlich und persönlichkeitsbildend, interdisziplinär und projektorientiert.

 

In diesem Sinne kooperieren wir als Hochschulgruppe mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen, in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung, der studentischen Interessenvertretung, in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im AStA, im Hochschulsenat, in Department- und Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Rechts und gegen Sozialabbau.


 Mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern setzen wir uns ein:

 

Für umfassende öffentliche Investitionen in Bildung, Soziales, Kultur, Gesundheit und Infrastruktur! Gemeinsam mit der Kampagne „International solidarisch - Schluss mit Austerität“ wollen wir die Schuldenbremse (Kürzungspolitik) aus der Verfassung streichen!

 

Für gemeinwohlorientiertes Lernen und Forschen: für Frieden und gegen Rechts! Forschung und Lehre, die nicht in grundlegender Gegnerschaft zu Ungleichheit und anderen rechten Ideologien stehen, sind verantwortungslos. Jede Wissenschaft kann einen Beitrag zum Frieden leisten – oder sie ist keine!

 

Für den Ausbau der demokratischen Rechte aller Hochschulmitglieder, für die Viertelparität! Das heißt, dass jede Mitgliedergruppe – Profs, wissenschaftliche Mitarbeitende, Technisches und Verwaltungspersonal und Studierende – gleich stark vertreten sind, aktuell haben die Profs die Mehrheit.

 

Für eine gründliche Studienreform: interdisziplinäres Projektstudium statt Noten, Fristen und Zwangsexmatrikulationen; Abbau von Prüfungen zugunsten kooperativer Lern-Entwicklungs-Gespräche.

Schule schwänzen: Fortschritt?

Für eine Abkehr von althergebrachten Prinzipien

 

„Ich finde politisches Engagement von Schülerinnen und Schülern toll. Von Kindern und Jugendlichen kann man aber nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis. CL“

Christian Lindner, Bundesvositzender der FDP via Twitter, 10.03.2019

 

„Zurzeit demonstrieren regelmäßig viele junge Menschen für Klimaschutz und den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären wir auf Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse: Diese Anliegen sind berechtigt und gut begründet. […] Nur wenn wir rasch und konsequent handeln, können wir die Erderwärmung begrenzen, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und eine lebenswerte Zukunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewinnen.“

Stellungnahme von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu den Protesten für mehr Klimaschutz

 

Die „Profis“ melden sich zu Wort: Schülerinnen und Schüler, Studierende, Eltern, Großeltern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Deutschlandweit haben am 15. März über 300 000 Menschen in mehr als 230 Städten für Klimaschutz und eine gerechte Welt gestreikt. Die internationale Bewegung „Fridays for Future“ wirbelt derzeit Politik und Gesellschaft kräftig durcheinander. Teenager an der frischen Luft? Politisch interessierte Jugend? Diese Spezies galt doch als ausgestorben.

Oder sollte sie es gelten? Jahrzehntelang wurde mit der Neoliberalisierung und Ökonomisierung der Schulen und Hochschulen auf die Produktion unkritischer Fachidioten hingearbeitet. Da ist Widerstand nicht erwünscht. Kein Wunder also, dass konservative Politiker und Firmenbetreiber Muffensausen bekommen und versuchen, die Beteiligten als „unmündige Schulschwänzer“ zu diskreditieren.

Die freche Angriffslust der Jugendlichen fordert jedoch nicht nur Konservative heraus: Der Ingenieurswissenschaftler und Professor für regenerative Energiesysteme Volker Quaschning (Berlin) schildert am 15. März in der Tagesschau seinen Eindruck des freitäglichen Demonstrierens: „[ich war] begeistert, was die Schülerinnen und Schüler sich für ein enormes Wissen selber angeeignet haben. Das heißt also, hier steckt ein Engagement, ein Mut und eine Sache dahinter, die wahrscheinlich den Beteiligten, den engagierten Schülerinnen und Schülern mehr bringt, als das, was sie dann in der Schule verpassen, was sie ja dann auch noch zu Hause nacharbeiten.“ Ein größeres Armutszeugnis kann man der Schule nicht ausstellen. Der Klimastreik ist somit auch ein Bildungsstreik – für ein Bildungssystem, welches sich den gesellschaftlichen Fragen der Zeit widmet und widerständige Persönlichkeiten bildet, statt „Humankapital“ zu schaffen!

Wie sieht es da an den Hochschulen aus? Als „Scientists4Future“ beziehen mittlerweile mehr als 23.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler öffentlich Stellung für politisches Handeln und gesellschaftliche Verantwortung.

Wir alle sind herausgefordert:

 

Wo führt unser Studieren derzeit hin?
Viele Klausuren rauben den Sinn.


Wenn dagegen Wissenschaft,
in voller Blüte und ganzer Kraft,
sich um die großen Fragen sorgt
und ihr Wissen ganz dem Fortschritt borgt,
dann:
schaffen wir Autos, die nicht verschmutzen,
erforschen Medizin, die Allen von Nutzen,
machen Künste, die zum Denken regen,

bilden Journalisten, die durch Wahrheit bewegen,

streiten als Sozialarbeiter für Aller Würde
und nehmen für eine Welt in Frieden jede Hürde.


So klingt das Lied in unserem Ohr,
lasst uns beginnen – wir haben viel vor!

Selbstdarstellung Informatik:

 

Unter Druck entstehen Diamanten

Der graue Herr betrat den Raum und setzte sich an den Tisch im Büro des Akademikers.

 »Schön, dass wir dieses Treffen endlich einrichten konnten. Dann bitte erzählen Sie mir von diesem Ort.«

Der Akademiker nahm einen Schluck aus seiner Tasse und begann zu erzählen.

 »Nun, wie Sie ja bereits wissen, sind wir sehr stolz darauf, außerordentlich fähige Fachkräfte zu produziren. Unsere Absolventen zeichnen sich durch eine perfekt auf ihre spätere Verwendung zugeschnittene Ausbildung aus. Technologisch sind wir ganz vorne mit dabei. Die neusten Anforderungen unserer Kunden werden frühzeitig analysiert und in die Lehrpläne integriert.

 Wir haben hier einen Balanceakt zu leisten. Zum einen wollten wir hoch gebildete Fachkräfte, die intelligent und kreativ mit den neusten Technologien umgehen können, um einen möglichst hohen Marktwert zu erziehlen. Auf der anderen Seite dürfen sie nicht zu selbstständig werden, um unser Geschäftsmodell zu schützen. Meistens sind wir damit erfolgreich. Hier und da gibt es ein paar Ausreißer. Sie lassen sich jedoch gut nutzen. Die gescheiterten sind eine hervor-ragende Warnung sich immer schön anzustrengen und keinen Ärger zu machen. Die Erfolgsgeschichten kann man den Studenten gut als erstrebenswertes Vorbild unter die Nase reiben. Das spornt zu Höchstleistungen an. Dass einige dabei auf der Strecke bleiben ist nicht so schlimm, Schwund hat man bei einem Spitzenprodukt immer. «

Der Gast zeigt sich beeindruckt. »Und wie steht es mit Wahlpflicht und individueller Förderung? «

 »Nur soweit es nötig ist, wir haben ein straffes Lehrprogramm entwickelt, um sicherzustellen, dass die Absolventen mit den wichtigsten Fähigkeiten ausgestattet werden, ob Bachelor oder Master spielt dabei keine Rolle. Es gibt ein paar Wahleinheiten, diese sind jedoch dahingehend optimiert worden, dass nützliche Veranlagungen und Interessen gefördert werden, Unsinniges wird dabei natürlich ausgeschlossen. Wer weiß womit die Studenten sonst ihre Zeit verschwenden würden.« lacht der Akademiker etwas unsicher.

 »Allerdings gibt es einige Idealisten unter den Studenten – und, wie ich leider zugeben muss, auch im Kollegium. Aber das Arbeitspensum ist so hoch, dass sie keine Gefahr darstellen. Die Studenten fürchten diese Leute sogar, da sie Angst haben, dass sie Mehrarbeit leisten müssen. Wir haben diese Studenten gut isoliert und so das Risiko minimiert. «

Der Gast zeigt sich erneut sehr beeindruckt. »Wie haben sie die studentischen Gremien in den Griff bekommen? Die haben uns schon viel Ärger gemacht.« fragt er neugierig.

»Da mussten wir nicht viel tun. Wie bereits gesagt versuchen die meisten Studenten so gut es geht durchzukommen. Die Gremien, bestehen zum größten Teil aus Opportunisten, die ihr Bafög verlängern wollen. Die paar Idealisten, die sich dahin verirren gehen schnell unter. So beschränken sich die FSRe auf kleine Spielereien: im Sommer stellen sie einen Grill vor die Tür und im Winter schenken sie Glühwein aus. Dann freuen sich immer Alle. «

Der Gast beugt sich nach vorne »Ich bin sehr zufrieden, wie Sie diese Einrichtung führen. Jedoch ist mir zu Ohren gekommen, dass trotz alledem hier gewisse subversive Aktivitäten wie Aufklärungskampagnen und Demonstra-tionen organisiert werden.«

Der Akademiker beeilt sich zu erklären »Ja, und wir haben ein Auge darauf. Wie Sie sicher bemerkt haben, ist die Beteiligung an diesen Veranstaltungen eher gering. Ich mache mir keine Sorgen, dass sie ihr Potenzial entfalten und für uns zur Gefahr werden können. Sollten sich die Studenten weiter organisieren, erhöhen wir den Prüfungsdruck. Ein paar Exmatrikulationen hier und da sind ein kleiner Preis, wenn es darum geht die Ordnung aufrecht zu erhalten. «

»Aber haben Sie keine Sorge,  wenn so viele Studenten an einem Ort zusammen kommen, dass sie sich zusammen schließen könnten? Das wäre höchst bedauerlich.« Der Gast spricht diese Worte leise und mustert den Akademiker dabei sehr genau.

»Ja, damit haben Sie natürlich recht. Wir sind verpflichtet diese Gremien zu betreiben, aber machen Sie sich darüber keine Sorgen. Die Wahlbeteiligung ist grandios niedrig. Wir haben alles im Griff. Zuerst haben wir durch Noten und Klausuren mit wenigen Versuchen bis zur Exmatrikulation, dafür gesorgt, dass jeder andauernd Angst hat im Studium zu scheitern. Dann haben wir die Geschichte mit der Regelstudienzeit so aufgeblasen, dass die Studenten denken, sie müssten in sechs oder sieben Semestern fertig werden sonst seien sie wertlos, was den Druck weiter erhöht. Das Ganze verschärfen wir durch die Praktikumsgruppen. Hier müssen sich die Studenten selbstständig in Gruppen sortieren. Eine Gruppe besteht das Praktikum nur als Ganzes. Natürlich will jeder mit den besten zusammen-arbeiten und hat deswegen einen hohen Druck etwas zu leisten. Da bleibt ihnen keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, was sie hier verändern könnten, auch wenn die Meisten hier mit dem Studium und den Inhalten unzufrieden sind. Aber auch dafür haben wir eine Lösung, wir haben es geschafft den Studenten einzureden, dass es ihre eigene Schuld sei. Wir führen regelmäßig Evaeluationen durch und die Professoren fragen die Studenten, ob sie mit ihren Vorlesungen zufrieden sind. Da die Professoren die Noten vergeben, haben die Studenten, zurecht, Angst, dass ihre Karriere unter einer ehrlichen Antwort leiden könnte. Sie sehen also, wir haben hier alles fest im Griff. «

 

                Diamanten sind tote Materie

Selbstdarstellung Informations- und Elektrotechnik:

 

Wir haben die Wahl

Das Studium ist eigentlich gar nicht so schwer:
Immer gleiche Folien, Jahrgang für Jahrgang, mit immer gleichen normierten Informationen werden von allen idealerweise gleich aufgenommen und resultieren bestenfalls in 30 gleichen Klausuren. Wir müssen nur aufnehmen und weitergeben, den immer gleichen Stoff.

 

Warum wird so viel aufgeschoben?

Weil das Studium so viel Spaß macht?

Um das durchzuziehen müssen wir an uns selber arbeiten für mehr Fleiß und Selbstdisziplin. Wir haben die Eigenverantwortung diese aufzubringen.

 

"Wie kommst du mit den Übungsaufgaben klar?"
"Naja, irgendwie bin ich bei denen noch nicht sehr weit". Lieber vorsichtig nachfragen, statt sich einzugestehen, selber noch nichts gemacht zu haben.

 

Lass dich nicht zu viel Ablenken von anderen persönlichen Interessen oder verantwortungsloser Zerstreuung durch Freunde. Auch zeitraubenden Konflikten solltest du besser ausweichen. Soziale Kontakte und Fähigkeiten brauchst du eigentlich nicht für das Studium und kannst vernachlässigen. Denn das funktioniert auch ohne Entwicklung deiner Persönlichkeit, ohne Bewusstsein für das Leben anderer und ohne gesellschaftlichen Bezug.

 
Wenn du eine gute Idee hast, dann solltest du sie dir sichern um sie später möglichst gut zu verkaufen. Denn ansonsten wirst du noch weniger Einfluss haben später auf das, was du tust, wenn du als einer von vielen austauschbaren Mitarbeitern mit gleichem Können in irgendeiner Firma dein Geld Verdienst.

 

Aber du machst deine Arbeit wirklich gut. Denn du bist es gewöhnt, selber nicht bestimmen und entwickeln zu müssen. Das braucht man auch nicht um Geld zu verdienen. Wenn du Rohstoffe verwenden musst, die Menschen in den Mienen vergiften oder deine Firma auch an Heckler & Koch liefert, dann nimmt du das einfach so hin. Das hast du im Studium gelernt.

 
Du ziehst es weiter durch und lässt dich ablenken davon, zu diskutieren oder darüber nachzudenken wie es besser sein könnte. Du freust dich immer sehr auf deine Freizeit, in der der du dich in Ruhe unterhalten lassen kannst von den vielen technischen Hilfsmitteln, die deine Branche mit hervorgebracht hat. Die sind ja auch gut für alle, oder?

 

Oder?

 

Das Studium der Elektrotechnik ist nicht einfach nur schwer. Die Inhalte sind anspruchsvoll und fordern nicht nur den Fleiß. Es gelingt so wunderbar, uns für die Faszination an den scheinbar grenzenlosen Möglichkeiten der mathematisch-technischen Welt zu begeistern, uns eigene Ideen zu entlocken.

 

Die Veranstaltungen an der Hochschule sind nicht nur überaus informativ, sie bieten auch die Möglichkeit durch Diskussionen unsere Motivationen zu hinterfragen oder zu bestärken. So wachsen wir nicht nur an uns selber, sondern stärken uns auch als Gruppe gemeinsam arbeitender. Nicht selten kommt es vor, dass Studenten gemeinsam an einer Idee arbeiten und auch gerne ihre Freizeit investieren, denn es erfüllt sie mit Freude und stärkt die Freundschaft.

 

Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, dass jemand ihre Idee stiehlt. Denn später werden sie ihren Platz in der Welt finden, mit Experten aus anderen Lebensbereichen, wie Stadtplanern, Ärzten und Produzenten Technik entwickeln und verwalten, die von Mühseligkeit und müßigem Leid befreit. Sie tragen zum allgemeinen Fortschritt bei und mehren den Wohlstand der Menschheit, an dem alle und auch sie selber teilhaben.

 

Es liegt an uns: Wir haben die Wahl

 

„Ich halte dafür, daß das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühsal der menschlichen Existenz zu erleichtern. Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens willen aufzuhäufen, kann die Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden, und eure neuen Maschinen werden nur neue Drangsale bedeuten. Ihr mögt mit der Zeit alles entde- cken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein.“ 

Bertolt Brecht, „Leben des Galilei“, 1939

Selbstdarstellung Soziale Arbeit:

 

Worum es wirklich geht - Studieren als Befreiung

Für das Studium der Sozialen Arbeit entschied ich mich, um im Berufsalltag etwas Sinnvolles zu machen, das mir die Möglichkeit gibt die Gesellschaft und meine Umwelt positiv mitzugestalten.

 

Zu Beginn meines Studiums hieß es, ich könne das Studium ohne großen Leistungsdruck angehen, möge interessanten und spannenden Fragestellungen nach-gehen. Seminare und Studium ließen sich in diesem Sinne umstellen und ausdehnen, ich möge mich nicht zu sehr auf Klausuren einschießen und müsse sie nicht beim ersten Mal bestehen. Außerdem könne man das Studium aktiv mitgestalten. So bestärkt nahm ich mein Studium mit einer positiven Perspektive auf.

 

Im Laufe des Studiums musste ich jedoch feststellen, dass es viele Hürden gibt, diese Perspektive weiter auszu-bauen: Das kulturell starre Modulsystem, etliche Prü-fungen, Leistungsnachweise und damit verbundener (Konkurrenz-)Druck schrän-ken die gemeinsame Beschäf-tigung innerhalb der Semi-nare mit den wesentlichen Fragen für eine positive gesellschaftliche Entwick-lung ein: Was kann die Soziale Arbeit für die Bekämpfung von Armut tun statt diese lediglich zu verwalten? Wie können Kriege als oberste Fluchtursache beendet und Frieden geschaffen werden? Wie tragen wir zu einer lebendigen Demokratiebildung bei und bekämpfen so auch rechte Bewegungen und Ungleichheitsideologien? Statt uns solche Fragen zu stellen, wird uns vermittelt, wie wir vermeintlich in den gegebenen Umständen klarkommen und das Elend umverteilen.

 

Besonders deutlich wird das Dilemma Sozialer Arbeit in der Obdachlosigkeit. Gerade im Winter suchen vermehrt Obdachlose Schutz vor der Kälte und Gewalt in der Hochschule. Obwohl Hamburg eine der reichsten Städte der Welt ist, erfrieren hier jeden Winter mehrere Menschen auf der Straße. Das ist vermeidbar und niemals hinnehmbar! Soziale Arbeit dagegen versucht oft das Problem lediglich zu mildern und das mit unterfinanzier-ten, unzureichenden und unwürdigen Anlaufstellen. Mit dem zur Verfügung stehenden Mitteln sind offensichtlich die Bedarfe nicht zu decken und die Probleme nicht zu lösen. Hier wird wie so oft das Geschäft über das Wohl der Menschen gestellt.

 

Warum nicht im Studium diese Fragen bewegen und an den Ursachen ansetzende Alternativen entwickeln? In einem Studium, das mit den eigenen Strukturen die Maßstäbe der Ökonomisierung nicht infrage stellt, können auf diese Fragen keine Antwort gefunden und Menschenrechte nicht verwirklicht werden.

 

Durch das eingeführte Bachelor-/Mastersystem liegt der Fokus mehr auf einem schnellen Studienabschluss als auf persönlicher und fachlicher Entwicklung. Mit dieser Umstellung zogen vermehrt Prüfungen und Leistungs-orientierung in das Studium ein, die Konformität nahe-legen. Um den Aufgaben Sozialer Arbeit erfolgreich begegnen zu können, müssen wir uns kritisch mit der Gesellschaft auseinander-setzen und diese gemeinsam weiterdenken.

 

Für Gesellschaft wie Studium gilt: Menschen wissen, wie sie leben wollen: gute Gesundheit, sinnvolle Arbeit, günstiger Wohnraum, Zugang zu Kultur und Bildung, usw. Das Geld dafür ist da! Die Orientierung auf privaten Reichtum und öffentliche Armut ist kein Naturgesetz, sondern von Menschen entschieden, also von Menschen veränderbar.

 

Setzen wir uns gemeinsam ein: für einen Abbau der Restriktionen wie Prüfungen, Klausuren, Fristen und Regelstudienzeit um die Soziale Arbeit hin zu einem Menschen befreienden Studium zu entwickeln. Damit wir unsere Perspektive und Ansprüche im Verlauf des Studium nicht mehr abschreiben müssen, sondern gemeinsam in die Tat umsetzen.

Für eine Theorie der Praxis, für massive Investitionen in Sozialeinrichtungen, Bildung, Kultur und Gesundheit, um Menschenwürde gemeinsam zu realisieren.

Selbstdarstellung Pflege:

 

Unbescheidenheit heilt

"Wenn von einer Million Pflegekräften 100.000 nur drei, vier Stunden mehr pro Woche arbeiten würden, wäre schon viel gewonnen"

Jens Spahn, Interview in der Augsburger Allgemeinen, 20.09.2018

 

"Wir sehen eine Welt vor uns […] mit gleichem und allgemeinem Zugang zu hochwertiger Bildung auf allen Ebenen, zu Gesundheitsversorgung und Sozialschutz, in der das körperliche, geistige und soziale Wohlergehen gewährleistet ist.“
Resolution der UN-Generalversammlung „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung“ - „Sustainable Development Goals“ (SDGs), 25.09.2015

 

Die Tendenz Gesundheit durch Management-Strukturen zur Ware zu machen, widerspricht nicht nur dem Ethos der Gesundheitsberufe, sondern schränkt wie ein wucherndes Geschwür die Gesundheit aller ein, wenn man es nicht rechtzeitig entfernt. Damit werden Pflegende aus ihrer Berufung heraus-gedrängt.

 

Nun ist es eine der vornehmsten Aufgaben aller im gesundheitlichen und wissenschaftlichen Bereich Tätigen für das Wohlergehen aller Menschen einzustehen. Dass es dabei nicht nur um die Vermeidung und Heilung von Krankheiten, sondern um entsprechend förderliche sozioökonomische, soziale und kulturelle Bedingungen geht, ist bekannt und drängt auf Verwirklichung. Die Berufstätigen z. B. im Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus streiten dafür wieder den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und nicht den Profit.

 

Deswegen ist es notwendig Ethos und Fachlichkeit der Gesundheitsberufe und deren Ausweitung auf der Hochschulebene gegenüber einer fremdkörperartigen Manager-Kultur durchzusetzen.

 

Wir wollen uns innerhalb der eigenen und mit anderen Wissenschaftsdisziplinen verständigen, um gemeinsam die politischen und sozialen Voraussetzungen für eine auf das Wohlergehen Aller gerichteten Gesellschaft zu entwickeln. Dazu gehören auch die Studienbedingungen: Eigenverantwortung mit Prüfungs- statt Erkenntnisorientierung, Leistungsdruck und da-durch künstlich verursachter Stress machen krank (vgl. z.B. Barmer Arztreport 2018).

 

An der Hochschule wollen wir für diese Auseinandersetzungen die nötige wis-senschaftlich fundierte Konfliktfähigkeit gemeinsam erarbeiten, um „ein gesun-des Leben für alle Menschen jeden Alters [zu] gewährleisten und ihr Wohlergehen [zu] fördern“ mit sinnvoller Arbeit, lebendiger Kultur und aufgeklärter Bildung (SDG Ziel 3).

 

Ein Schritt dahin ist das Ablegen der Bescheidenheit etwa was Arbeit, Studium und Genuss angeht. Humane Durchbrüche lassen sich nicht geschickt herbei-managen. Überzeugte Streitbarkeit und begrüßende Involvierung sind die gesundende Alternative.