„Mit den Waffen des Geistes
gegen den Geist der Waffen“
„Aufgrund der Freiheit von Forschung und Lehre kann eine „Zivilklausel“ nur eine begrenzte Wirkung ent-falten. Insbesondere kann einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf der Grundlage einer „Zivilklausel“ keine Forschung für militärische oder militärnahe Zwecke verboten werden. Der Zweck der „Zivilklausel“ besteht darin, der Hochschule die Förderung entsprechender Forschungsvorhaben aus Eigen-mitteln zu untersagen. Eine Forschung mit Drittmitteln kann dagegen nicht verhindert werden.“
Antwort des hamburgischen Senats zur Großen Anfrage zu Rüstungsforschung und Zivilklausel vom 19.06.2018
„Hätte ich widerstanden, hätten die Naturwissenschaftler etwas wie den hippokratischen Eid der Ärzte entwickeln können, das Gelöbnis, ihr Wissen einzig zum Wohle der Menschheit anzuwenden! Wie es nun steht, ist das Höchste, was man erhoffen kann, ein Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gemietet werden können.“
Bertolt Brecht, Leben des Galilei, 1939
In geradezu bemerkenswerter Offenheit legt der hamburgische Senat in seiner oben zitierten Antwort auf die Anfrage dar, wofür die Unter-finanzierung wichtig ist: Nur wenn Wissenschaft an die
finanzielle Kette gelegt – also prekarisiert wird, kann sie käuflich gemacht werden – auch für den Krieg – statt sie einzig zum Wohle der Menschheit anzuwenden.
Wie Kommerz und Konfor-mität allerdings zu vernünf-tigen Ergebnissen im Inter-esse der Allgemeinheit führen sollen, konnte noch niemand schlüssig darlegen und auch die Geschichte belegt das
Gegenteil.
Weiter zeugt die obige Aus-sage des Senats von grober Rechtsunkenntnis, wenn nicht verzweifelter Rechts-verdrehung. Schließlich sind die akademischen Gremien der Hochschule gerade dafür da – auf
Basis demokratischer Verständigung und Diskussion – die Wissenschaftsfreiheit im Sinne der Verfassung zu gestalten. Die Maßstäbe dafür sind klar benannt – in den antifaschistischen Prinzipien des
Grund-gesetzes, die mit Forschung und Lehre für Rüstung, Militär und Krieg nicht vereinbar sind. Vielmehr ist es auf Menschenwürde (Art. 1), körperliche Unversehrtheit (Art. 2), freie Entfaltung
der Per-sönlichkeit (Art. 2) und Gleichheit (Art. 3) gerichtet. Alles Ziele, die jede Hochschule in tagtäglicher Theorie und Praxis verfolgen kann und muss.
Das Motto der HAW „Wissen fürs Leben“ lässt diesen Anspruch erahnen, ist aber mutmaßlich einer besseren Verkäuflichkeit wegen immer seltener unter dem HAW-Logo zu lesen. Dieses Motto ist
erneuerungs-würdig, zusammen mit der 2015 im Hochschulsenat beschlossenen Zivilklausel. Damit Studium und Wissenschaft für Leben, Gesund-heit und Wohlbefinden aller – innerhalb wie außerhalb der
Hochschule – förderlich sind, kommt es auf unser gemeinsames Wirken an.
Dafür gibt es Erfahrungen, Beispiele, Konzepte, Forderungen und Aktivitäten.
Der gesellschaftlich erarbeitete Reichtum dafür ist da, die Schöpferinnen und Schöpfer davon sind wir. Diskussionen mit Kommilitoninnen und Kom-militonen, Lehrenden und dem Sicherheits- und
Verwaltungspersonal über die Fragen, die bewegen, sind bereits eine Alternative zum alltäglichen Einerlei. So gewinnt Freiheit einen menschlichen Sinn.